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Dieses elektrophysiologische Mikroskop ermöglicht die Messung von Stromflüssen in Zellen und kann damit zur Aufklärung von Abläufen zwischen Zellen verwendet werden. Alle Fotos: Merz Pharma GmbH & Co. KG

Eine eigenartige Krankheit der Hirnrinde

Kupfer und Antikörper als neue Therapiechancen für Alzheimerpatienten

von Matthias Manych

Die häufigste Ursache der Demenz, die Alzheimerkrankheit, ist für Prof. Dr. Gerd Multhaup eine Folge des Alterns und gleichzeitig ein Fehler der Natur. Hätten wir für bestimmte Moleküle die Aminosäurestruktur von Mäusen, könnten wir vermutlich 300 Jahre alt werden, ohne unser Selbstbewusstsein zu verlieren. Dagegen erhalten diese Moleküle beim Menschen über eine enzymatisch gesteuerte Kaskade eine fatale Raumstruktur. Sie werden für unseren Organismus unbrauchbar und landen auf dem biochemischen Müllhaufen, wie Multhaup die Amyloidplaques im Gehirn betrachtet. Der Biochemiker und Molekularbiologe ist Sprecher des bundesweiten Schwerpunktpunkprojektes Alzheimer der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und arbeitet am Institut für Biochemie der Freien Universität (FU). Ihm gelangen mit seiner Forschergruppe wesentliche Schritte in der Aufklärung dieser Krankheit. Zum ersten Mal konnten sie mit Antikörpern eine besondere Form der Vorläuferproteine, die Ursprung der Kaskade sind, nachweisen. In diesem Zusammenhang haben die Wissenschaftler in Zellkulturen und im Tiermodell ein entscheidendes Stoffwechselproblem aufgedeckt, das des Kupfers.

Gut sah er aus, gebräunt von der Arbeit im Garten, blaugraue Augen schauten wach. Ewald Bach war ein munterer Rentner, der die Pension mit seiner Familie und seinen Freunden genoss. Wie andere Menschen, die Ewald Bach seit Jahrzehnten kennen, so nahm es zunächst auch seine Frau nicht wahr: Immer häufiger unterbrach er gemütliche Runden mit plötzlichem Abräumen des Kaffeegeschirrs und drängte vorzeitig in die eigenen vier Wände. Vor etwa zwei Jahren dann wurde bei Herrn Bach Morbus Alzheimer diagnostiziert. Jetzt ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. Die schwungvollen Schritte sind gebremst und der freundlich wache Blick ist einem vorsichtigen Ertasten seiner bisher vertrauten Umwelt gewichen. Sicher war die damalige, ungewohnte Unruhe ein Ausdruck der ersten Alzheimersymptome. Die Demenz beginnt mit der Unfähigkeit, neue Informationen zu verarbeiten, bald werden auch vertraute Situationen zum Problem. Wörter wollen einem nicht mehr einfallen oder werden verwechselt. Diese und andere Symptome alltäglicher, kognitiver (Einsicht und Erfahrung betreffende) Defizite müssen für eine sichere Diagnose mindestens sechs Monate bestehen. Das Risiko, die degenerative Gehirnerkrankung mit dem einhergehenden Verlust von Lernfähigkeit, Urteilsvermögen und Erinnerung zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter und ist für Frauen größer. In westlichen Ländern erkranken fünf Prozent der über 65-jährigen und 20 Prozent der 80-jährigen Menschen, in Deutschland sind es insgesamt ungefähr 800.000.

Der Breslauer Neurologe und Psychiater Alois Alzheimer erkannte vor knapp 100 Jahren den Grund für den Persönlichkeitsverlust: Das Hirngewebe verstorbener Patienten war mit kugelförmigen Proteinablagerungen, „senilen Plaques“, durchsetzt. Heute kennt man die Mechanik, die die Mikroarchitektur der Nervenzellen außen und innen zerstört. Der von außen auf die Zellen wirkende Prozess ist der entscheidende, da er das weitere pathologische Geschehen auslöst: Zwischen den Hirnzellen treffen Amyloidpeptide aufeinander, die sich wegen ihrer an ein Faltblatt erinnernden Form verhaken und schließlich auf den Nervenzellen zu den kompakten Plaques verklumpen. An diesem Ablauf ist auch Kupfer beteiligt. Es gibt Hinweise, dass Kupfer an das Peptid bindet und so die Plaquebildung fördert. Amyloidablagerungen und Abwehrzellen des Immunsystems leiten schließlich den programmierten Zelltod des Nervengewebes ein. Derweil wird im Inneren der Nervenzellen, ebenfalls ausgelöst durch die Plaques, mit einer enzymatischen Säge das Zellgerüst zum Einsturz gebracht. Das belegt zumindest eine im Laufe des Jahres vorgestellte Studie aus den USA. Die innere Stabilität und einen reibungslosen Stofftransport garantieren Mikrotubuli, winzige, raffiniert konstruierte Röhrchen. An ihrer Bildung ist das Tau-Protein beteiligt, das nun vom Enzym Caspase so beschädigt wird, dass es zu dicken, lockenförmigen Neurofibrillen verdrillt. Am Ende kollabiert die Zelle und stirbt ab.


Die Entwicklung eines modernen Medikaments kann durchschnittlich 12-16 Jahre dauern und bis zu 800 Mio. Euro kosten.

Zunächst hat Multhaup den Entstehungsort der Amyloidpeptide beleuchtet. Das Amyloid-Vorläuferprotein (APP, amyloid precursor protein) sitzt in den äußeren Membranen fast aller Körperzellen, am häufigsten im Gehirn. Im Kopf ist es an verschiedenen Funktionen beteiligt, zum Beispiel Blutungsstillung, Nervenzellschutz, Erinnerung, Synapsenbildung. APP ist sehr groß, es besteht aus 695 Aminosäuren und durchzieht die gesamte Zellmembran. Der größte und wichtigste Teil sitzt außen. Denn hier erkennen Enzyme ihre Andockstellen, um APP in verschiedene Spaltprodukte zu zerlegen. Alpha-Sekretase, eine der drei molekularen Scheren, schneidet aus dem APP ein Bruchstück heraus, das keine Nervenzellschäden verursacht, die Alzheimerkaskade wird nicht in Gang gesetzt. Natürlich entstand die Idee, Alpha-Sekretase gezielt einzusetzen. Doch es eignet sich nicht als Medikament, da, so Gerd Multhaup, „von der Zelle kein Enzym produziert wird, um nur ein bestimmtes Molekül zu spalten, es gibt immer Nebenwirkungen“.

Die beiden anderen Enzyme, Beta- und Gamma-Sekretase, setzen ihre molekularen Hebel am APP an und trennen das gefaltete Amyloidpeptid von seinem Vorläuferprotein und lösen es gleichzeitig aus der Zellmembran. Es ist aus 42 Aminosäuren zusammengesetzt und wird wegen seiner (Beta-)Faltblattstruktur Amyloid-beta, kurz A-beta genannt. Je mehr A-beta aus dem APP gelöst wird, desto mehr verklumpen zu den Alzheimerplaques. Da verwundert es nicht, dass die Pharmaforschung nach Wirkstoffen gegen Beta- und Gamma-Sekretase sucht. Die Einteilung in gute und böse Enzyme bietet sich zwar an, funktioniert aber leider nicht. Zum einen deuten Untersuchungen, die Multhaup und seine Kollegen Anfang des Jahres veröffentlichten, darauf hin, dass die Beta-Sekretase auch am Abbau von Amyloid-beta beteiligt ist. Zum anderen schneidet die Gamma-Sekretase normalerweise aus dem APP ein A-beta mit nur 40 Aminosäuren, zunächst ohne negative Folgen für das Nervengewebe. Erst wenn in einem Teil der komplexen Gamma-Sekretase, dem Presenilin, oder im APP selbst Mutationen auftreten, entsteht das toxische und plaquebildende A-beta mit 42 Aminosäuren oder insgesamt mehr vom A-beta. Dass das längere Amyloidpeptid entsteht, ist vermutlich ein Unfall der Natur.

Was aber legt den Schalter für den Prozess des jahrzehntelangen, schleichenden neurologischen Abbaus um? Sind Umweltfaktoren beteiligt, wie epidemiologische Studien nahe legen? Demnach verstärkt ein Mangel an sozialen Kontakten, geistigem Training, aber auch Vitamin B12 und Folsäure die Krankheit. Oder sind toxische, infektiöse, immunologische und genetische Faktoren die Auslöser? Auch 97 Jahre nach der Entdeckung gibt die „eigenartige Krankheit der Hirnrinde“, wie Alzheimer sie beschrieb, immer noch Rätsel auf. Den Schlüssel suchen Grundlagenforscher wie Gerd Multhaup weniger im biochemischen Müllhaufen, sondern viel mehr in dem Ausgangsmaterial Amyloid-beta und dessen Erzeugung im APP. Multhaup betrachtet, gemeinsam mit einer wachsenden Zahl internationaler Kollegen, die Plaques eher als „gefährliche Zwischenlager“. Denn sie werden, zumindest teilweise, auch wieder durch die Aktivität bestimmter Immunzellen, den Makrophagen, aufgelöst und Amyloid-beta wieder freigesetzt. Ob zwischengelagert oder frei im Zellplasma, das Peptid ist Gift für die Nervenzellen. Denn „es ist bereits publiziert, dass A-beta in den Zellmembranen Poren bilden kann“, berichtet der Berliner Biochemiker. Bereits vor der Plaquebildung werden unter anderem Nervenzellen geschädigt, die für das Orientierungsvermögen zuständig sind. Noch kann nicht erklärt werden, wie das Amyloid die löchrigen Verletzungen hervorruft. Doch wie so oft im Wissenschaftsbetrieb hat Multhaup per Zufall ein Detail entdeckt, das möglicherweise Antworten liefert. Im Verdacht stehen bestimmte Aminosäuren, die jetzt im Dahlemer Labor durch gezielte Mutationen als Ursache für die Membranlöcher identifiziert werden sollen.

Bei Reaktionen zwischen Molekülen hängt alles von der Struktur der Reaktionspartner ab, das bekannte Schlüssel-Schloss-Bild veranschaulicht die Situation. Das gilt auch für das Amyloid-Vorläuferprotein und seine Enzyme. APP kann als Monomer oder Dimer vorkommen. Das heißt, die Bausteine bilden entweder nur eine Molekülkette oder mit zwei eng aneinander liegenden Ketten ein Zwillingsmolekül. Und aus letzterer, der dimeren Form, kann Amyloid-beta entstehen. Also wollten Multhaup und sein Team klären, in welcher Form APP in den Zellmembranen sitzt. Dafür entwickelten sie die passende Analyse: Zuerst wurde APP in Hefezellen synthetisiert. Im Gegensatz zu dem bisher aus Bakterien gewonnenen Protein konnten die Wissenschaftler nun eine Kristallstruktur des APP gewinnen, die im nächsten Schritt Kaninchen injiziert wurde.

Deren Immunsystem produzierte Antikörper, die vorzugsweise an dimeres APP binden. Erst vor kurzem gelang den Bio-„Mechanikern“ damit als Erste der Nachweis, dass das Amyloid-Vorläuferprotein überwiegend als Dimer existiert – ein wesentlicher Schritt für das Verständnis der krank machenden Amyloidkaskade.


Mit molekularbiologischen Analysemethoden können das Erbgut der Zellen (DNA) und die Angriffsorte (Targets) für die Therapie von Krankheiten identifiziert werden.

Ist die Entstehung der Demenz nur eine Frage der Zeit? Der Berliner Wissenschaftler ist davon überzeugt: „Wenn wir alt genug werden, bekommen wir alle die Alzheimerkrankheit“. Sie ist aber nicht ausschließlich eine Folge des Alterns. So kommen Presenilinmutationen besonders häufig in Familien vor, deren Mitglieder sehr früh, im jungen Erwachsenenalter, an dieser erblichen Alzheimervariante erkranken. Hätten wir in unseren Proteinen die Aminosäuresequenz von Mäusen, könnten wir vermutlich 300 Jahre alt werden, ohne an Alzheimer zu erkranken, wie Multhaup errechnet hat. In Mäusen wird nur etwa ein Drittel des Amyloids produziert und es verklumpt schlechter. Auch hier scheint die Erkenntnis, dass die Menge das Gift macht, zu gelten. Ein deutliches Beispiel für ein Mengen-Risiko-Verhältnis ist das Down-Syndrom, also die Trisomie 21. Die Gene für das Amyloid-Vorläuferprotein liegen auf dem Chromosom 21. Mit der dreifachen Kopie des Chromosoms haben Down-Patienten gegenüber gesunden Menschen einen 1,5-fachen Gen-Dosis-Effekt für APP; sie bekommen fast alle mit etwa 35 Jahren Alzheimerplaques.

Der Forschergruppe um Gerd Multhaup ist möglicherweise ein neuer Therapieansatz gelungen, der auf den ersten Blick paradox erscheint. Hier kommt nämlich wieder Kupfer ins Spiel. Zwar fördert das Metall außerhalb der Nervenzellen bei der Bindung an A-beta den Krankheitsverlauf. Aber Multhaup und seine Kollegen entdeckten die positive Wirkung des Kupfers: Innerhalb der Zelle entscheidet es über Monomer oder Dimer! Auf dem Abschnitt, der im Zellinneren liegt, besitzt das Vorläuferprotein eine Kupferbindungsstelle. Ist sie mit einem Ion des Metalls besetzt, ist APP ein Monomer und genau in dieser Form präsentiert es die Andockstelle für die „gute“ Alpha-Sekretase. Das Team von Prof. Multhaup ging der Frage nach: Kann das Dimer mit Kupfer monomerisiert werden oder muss Kupfer schon dabei sein, während die Zellen wachsen? Den erwähnten APP-produzierenden Hefen wurde Kupfer ins Nährmedium gegeben. Und tatsächlich entstanden aus den APP-Dimeren monomere Proteine. Das waren natürlich vorläufige in vitro-Untersuchungen, die erst mit mehreren Mauslinien reproduziert werden mussten. Dazu wurden normale Mäuse mit transgenen Artgenossen verglichen, die menschliches APP bilden. Die genetisch veränderten Nager produzieren etwa sechs- bis achtmal mehr A-beta und bekommen ohne Behandlung nach sechs Monaten (Weibchen), beziehungsweise neun Monaten (Männchen), Amyloidplaques. Die Mäuse aus beiden Gruppen erhielten während der dreimonatigen Versuchsphase entweder nur eine Zuckerlösung oder das Zuckerwasser plus Kupfersalz zu trinken. Die eindeutigen Ergebnisse haben Gerd Multhaup überrascht, denn die Erwartungen aus den Hefeexperimenten wurden übertroffen. Während viele der alten APP-Mäuse, die humanes A-beta bildeten und nur Zuckerlösung bekamen, im Verlauf der Studie starben, war die Überlebensrate bei Kupferzugabe fast genauso hoch wie bei den normalen, APP-freien Mäusen. Es wurde aber nicht nur wie erwartet weniger A-beta gebildet. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass auch weniger Amyloidplaques entstanden. Die transgenen Mäuse hatten einen Kupfermangel. Das konnte durch die Messung der Aktivität von Enzymen gemessen werden, deren Co-Faktor Kupfer ist. Die Kupferzugabe konnte den Mangel wieder ausgleichen. Der Wissenschaftler ist allerdings bei der Beurteilung dieser Ergebnisse noch sehr vorsichtig: „Es muss nun genau herausgefunden werden, ob die Zuckerzugabe einen Effekt hatte. Deshalb möchte wir als Nächstes den Mäusen das Kupfer ohne Zucker über die Nahrung geben“. Dazu wird das Metall in die Nahrungspellets gepresst. Die Versuche sind bereits angelaufen und mit der Behandlung der Tiere kann bald begonnen werden.


Bei der Produktion und Verpackung von Medikamenten gelten strenge Vorschriften für die Hygiene.

Vor kurzem kamen kanadische Kollegen mit einer völlig anderen Methode zu grundsätzlich gleichen Ergebnissen. Auch sie konnten mit dem Ausgleich des Kupfermangels die Lebensfähigkeit der APP-Mäuse erhöhen. Der Kupferspiegel wurde nicht über das Trinkwasser, sondern mit genetischen Veränderungen erhöht. Wegen der Übereinstimmungen sollen die Studienergebnisse der kanadischen Arbeitsgruppe und der Multhaups demnächst gemeinsam veröffentlicht werden. Kupfer scheint also therapeutisches Potenzial zu haben. Das auszuschöpfen, ist allerdings schwierig. Nicht nur, weil es wegen der plaquefördernden Wirkung ein Risikofaktor für die Alzheimerkrankheit ist. Es gibt auch Menschen mit einer Veranlagung für Kupfertransportstörungen, zum Beispiel die Wilsonkrankheit. Die Patienten haben eine Mutation, die die Funktion von Caeruloplasmin aufhebt, das normalerweise 95 Prozent des Kupfers bindet. Der Defekt in diesem so genannten Wilsonprotein verhindert die Kupferausscheidung über die Galle, das Metall wird in der Leber angereichert und verursacht eine Zirrhose. Außerdem führt das ungebundene, toxische Kupfer auch zu Hirnveränderungen mit unterschiedlichen Auswirkungen (Kayser-Fleischer-Ring, Gedächtnisstörungen, Psychosen u. a.). In Deutschland erkrankt einer von 30 000 Menschen an dieser Stoffwechselstörung. Für sie wäre eine zusätzliche Kupfergabe im Rahmen einer Alzheimertherapie schlimm. „Wir sind deshalb natürlich auch darauf aus, Agonisten zum Kupfer zu finden“, sagt Multhaup. Es geht also um Moleküle, die sich wie Kupfer verhalten und speziell am APP dieselbe Wirkung entfalten, ohne beispielsweise die Wilsonkrankheit zu verstärken. Aktuell testet die Berliner Forschergruppe ein Peptid, mit dem APP-Dimere von der Zellmembran verschwinden. Bisher ist noch nicht klar, was im Einzelnen passiert: Entweder wird die Dimerbildung unterbunden oder das APP-Dimer wird schneller abgebaut. Parallel werden aber die Wirkungen des Kupfers weiter ergründet. Multhaup erwartet auf der Grundlage der Mausexperimente, dass „solange noch keine Plaques gebildet wurden, die Gabe von Kupfer weniger Amyloid entstehen lässt“. Existieren bereits Ablagerungen, ist es sehr wahrscheinlich unerheblich, ob Kupfer gegeben wird oder nicht. Wegen der viel versprechenden Ergebnisse wurde gemeinsam mit dem Privatdozenten Dr. Thomas Bayer von Sektion Neurologie der Universität des Saarlandes in Homburg beschlossen, dort eine klinische Studie zur Kupfergabe durchzuführen. Die Probanden werden MCI-Patienten sein (mild cognitive impairment), also Alzheimerpatienten im Frühstadium der Krankheit, die noch keine oder nur geringe Plaquebildung und vor allem einen normalen Kupferstoffwechsel haben. Es scheint so, dass die Alzheimerkaskade APP, Plaque und Nervenzellzerstörung nicht mehr unabwendbar bleiben muss.

Die FU-Wissenschaftler verfolgen noch eine zweite Strategie zur Entwicklung eines Alzheimermedikaments. Aus dem Nachweis der dimeren APP-Struktur mittels Antikörpern ergaben sich Indizien, die auch die APP-Monomerisierung mithilfe dieser Immunstoffe möglich erscheinen lassen. Dafür wurden monoklonale Antikörper hergestellt. Der große Vorteil dieser Antikörper liegt darin, dass sie vollkommen identisch (monoklonal = von einem Klon stammend), in unbeschränkter Menge und mit exakt bestimmten Funktionen produziert werden können. Die Arbeiten mit dem Ziel der passiven Immunisierung und damit der Vermeidung von Amyloid-beta-Peptiden wurden bereits begonnen.

Die Anstrengungen der Grundlagenforschung, die Alzheimerdemenz vollständig zu verstehen, sind groß. Die Erwartungen selbstverständlich ebenso. Ewald Bach und alle anderen Alzheimerpatienten können bisher noch nicht geheilt werden. Ihnen stehen lediglich Medikamente zur Verfügung, die den Verlauf des neurologischen Abbaus um ein bis zwei Jahre hinauszögern. Die Wissenschaftler um Gerd Multhaup sind auf dem Weg, weitere Lücken im Alzheimerpuzzle zu schließen, und legen damit zumindest die Fundamente für zwei möglicherweise heilende Alzheimermedikamente.

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